ANARCHISTISCHER BANKIER

Geld ist eine Fiktion. Es ist nicht wirklich, sondern etwas, woran wir glauben. Weil wir daran glauben, funktioniert es. Eine Art Massen-Halluzination, nehme ich an.” (Paul Auster)

Reichtum ist pure Anarchie – Das eigentlich als innere Reflektion angelegte Gedankenspiel hat Schlenger zu einem Dialog umgeformt, in dem Kammerschauspieler Claus Dieter Clausnitzer und Eva Maria Sommersberg als zwei gegenläufige Seiten einer Person auftreten: Sie ist die junge, nach Weltrevolution strebende Idealistin, die sein Handeln hinterfragt. Er ist der Abgeklärte, extrem Durchdachte, der solche Hitzigkeiten längst hinter sich hat. „Der Mensch ist nicht geboren, um solidarisch zu sein.” Aufgrund seiner Tyrannennatur stellt der Bankier gar in Frage, ob der Mensch per se zur Anarchie fähig ist. Sein Schluss: Jeder kann einzig sich selbst zur Freiheit verhelfen. Und da der Staat nur abgeschafft werden könne, indem man seine Fiktionen – nicht seine Repräsentanten – attackiert, findet der Bankier eine skurrile Lösung: „Ich mache mich daran, die Fiktion Geld zu bezwingen, indem ich mich bereichere.” Wie eine Welle schwappt diese kontroverse, philosophische Betrachtung über den Zuschauer. Dass das Publikum nicht in Theorie ertrinkt, dafür sorgt Schlenger eben durch die Dialogform, die den Gedanken Struktur und Dynamik gibt. Dass die Inszenierung jedoch soviel nachdenklich machende Lebendigkeit hat, liegt insbesondere an den Schauspielern: Sommersberg gibt überzeugend wie ein Vulkan kurz vor dem Ausbruch den Konterpart zu dem selbstsicheren, gewieften, wortstarken Clausnitzer.(WAZ/WR 19.04.2010 – Nadine Ahlbach)

Premiere: 16. April 2010 Schauspiel Dortmund

Es spielten: Claus Dieter Clausnitzer und Eva Maria Sommersberg

Regie: Thorsten Schlenger Dramaturgie: Stefan Schroeder

Ausstattung: Martin Beeretz Kostüm: Ariane Erbe